...und Varus wird immer weiter geschlachtet

@Ravenik

In Ordnung, betrachten wir den Besuch des Germanicus auf dem Schlachtfeld mal als Tatsache, dann bliebe allerdings immer noch der Umstand, dass die Schlacht 6 Jahre zurück lag und ein Großteil der gefallenen Legionäre schon gar nicht mehr am Platz gewesen sein könnte.
 
So lange es keine neuen Erkenntnisse gibt, können wir Kalkriese als Schlachtfeld annehmen. Als kleines Problem bleibt mir die Frage der Schlussmünze. Römische Münzen finden sich aus allen Zeiten und nahezu allerorts. Sollten Germanicus` Truppen und unerwähnte Nachfolgende aus späterer Zeit tatsächlich keine einzige Münze verloren haben? Und dass es ein Interesse daran gab, sie nicht zu publizieren, glaube ich schon.
 
Der Kalkrieser Fundhorizont ist und bleibt hoch interessant aber varuszeitliche Befunde machen noch keine Varusschlacht,

Meine Theorie zu Kalkriese ist ja bekannt.
Deine "Hypothese" (so sie denn diesen Namen verdient, eine Theorie ist doch ein bisschen was anderes!) zu Kalkriese ist mir jetzt nicht präsent. Wohl aber deine These zur Varusschlacht. Die kommt ganz ohne konkrete und datierte Funde aus und genügt sich damit, wage, wenig individuelle Landschaftsbeschreibungen, die man überall im Mittelgebirgsraum verorten könnte, an konkreten Orten zu verorten.
 
Sollten Germanicus` Truppen und unerwähnte Nachfolgende aus späterer Zeit tatsächlich keine einzige Münze verloren haben?

Wer sagt dir, dass sie keine Münzen verloren haben?
Sie haben nur, stand dessen, was wir wissen wohl keine Münzen verloren, die jüngeren Datums als die Varus-Schlacht sind.
Insofern zwischen der Varusschlacht und der Begehung des Schlachtfeldes durch Germanicus, wenn wir es mal als Faktum anehmen, allerdings nur 6 Jahre vergangen wären, erscheint es doch durchaus wachscheinlich das der größte Teil der bei den Truppen noch im Umlauf befindlichen Münzen vorvarianische Prägungen waren.

Insofern sehe ich dieses Problem nicht unbedingt.

Und dass es ein Interesse daran gab, sie nicht zu publizieren, glaube ich schon.

Vielleicht hätte die Stadt Bramsche kein besonderes Interesse daran, wenn nachvarianische Münzen auftauchten, die Kalkriese als Ort der Varusschlacht nachhaltig in Zweifel ziehen würden wobei eine vereinzelte Münze kein letztendlicher Beweis wäre, weil die auch nachträglich noch dahin gekommen sein kann.

Aber die Publikation von Forschungsergebnissen liegt doch nicht in der kommunalen hand, sondern in derer der zuständigen Behörden für Bodendenkmalpflege unter anderem auch der Landesämter und der mit den Grabungen befassten Institute, denen im Gegensatz zur Stadt Bramsche doch vollkommen wumpe sein kann ob die Varusschlacht nun in Kalkrise oder irgendeiner anderen Lokalität in der Umgebung stattgefunden hat.

Von dem her halte ich Vorstellungen, dass da irgendwas zurückgehalten würde für unplausibel.
 
Wer sagt dir, dass sie keine Münzen verloren haben?
Eigentlich wollte ich Opteryx' verschwörungserzählerischen Ansatz, es gäbe kein Interesse jüngere Münzen zu publizieren, ignorieren. Für die archäologischen Forschungen in K'Riese ist es völlig latte, ob Kalkriese Ort der Varusschlacht oder Ort eines Scharmützels der Germanicus-Kriege war. Wissenschaft entwickelt sich weiter und insofern wäre es es schlicht eine veränderte Faktenlage, wenn man die Kalkrieser Funde wenige Jahre später datieren müsste. Und es war ja in der Tat so, dass anfänglich ein gewisser Zweifel herrschte, ob ein Varus- und ein Germanicus-Horizont sich denn überhaupt unterscheiden würden. Die in Kalkriese gefundenen Münzen umfassen ein Spektrum von etwa 200 Jahren, die älteste in Kalkriese verlorene Münze war also zum Zeitpunkt ihres Verlustes bereits gut 200 Jahre im Umlauf.
Allerdings gibt es ja das Brandareal in Köln aus dem Winter 14/15, wo von 56 Münzen sieben (oder waren es acht?), also ein Achtel (wenn es acht waren, ein Siebtel) postvarianisch waren. Bei den über 2000 Fundmünzen von Kalkriese ist es keine einzige.

Nun, die Frage ist, wie wahrscheinlich es ist, dass jenseits einer Schlacht Münzen verloren gingen. Zumal seit Tiberius' 10 n. Chr. darauf geachtet wurde, kein unnötiges Gepäck ins Kriegsgebiet mitzunehmen. Sicher, die Legionäre werden Münzen dabei gehabt haben, schon Abends am Lagerfeuer miteinander zu spielen. Dass hierbei aber groß etwas verloren gegangen sei, ist nicht zu erwarten. Das Münzen verloren gingen, ist dort zu erwarten, wo viele ums Leben kamen und/oder der Tross in Bedrängnis geriet. Auf dem Marsch oder bei einer Bestattungsaktion Münzverluste zu erwarten, ist nicht besonders sinnvoll. Möglich, aber nicht besonders wahrscheinlich.

Insofern zwischen der Varusschlacht und der Begehung des Schlachtfeldes durch Germanicus, wenn wir es mal als Faktum anehmen, allerdings nur 6 Jahre vergangen wären, erscheint es doch durchaus wachscheinlich das der größte Teil der bei den Truppen noch im Umlauf befindlichen Münzen vorvarianische Prägungen waren.
Richtig, aber - siehe oben - ein Achtel (oder Siebtel) der Münzen, die beim Brand im Winter 14/15 in Köln (Hauptlager Germanicus') verloren gingen, waren bereits postvarianisch. Das heißt nicht, dass ein derartig hoher Anteil postvarianischer Münzen an jedem germanicuszeitlichen Fundort zu finden sein müsse, aber man sollte doch bei über 2000 Münzen die eine oder andere erwarten dürfen, wenn es ein germanicuszeitlicher Fundort wäre.

7/56 vs. 0/+2000
 
Richtig, aber - siehe oben - ein Achtel (oder Siebtel) der Münzen, die beim Brand im Winter 14/15 in Köln (Hauptlager Germanicus') verloren gingen, waren bereits postvarianisch. Das heißt nicht, dass ein derartig hoher Anteil postvarianischer Münzen an jedem germanicuszeitlichen Fundort zu finden sein müsse, aber man sollte doch bei über 2000 Münzen die eine oder andere erwarten dürfen, wenn es ein germanicuszeitlicher Fundort wäre.

Natürlich, wenn es insgesamt ein germanicuszeitlicher Fundort wäre.
Über den Kölner Brandhorizont hatten wir ja bereits diskutiert.

Mir ging es einfach nur darum darzulegen, dass der Umstand, dass keine nachvarianischen Münzen verloren wurden kein Beleg dafür ist, dass bei der Begehung des Schlachtfeldes keine Münzen verloren wurden.
Wenn wir anehmen, dass ein Achtel, möglicherweise auch nur ein Zehntel der bei den Legionären im Umlauf befindlichen Münzen nachvarianisch gewesen ist, hätte die Chance, das eine bei der Begehung verlorene Münze eine Postvarianische gewesen wäre 10:1 gestanden.
Alle anderen Fälle von potentiellen Münzverlusten wären, da vorvarianisch überhaupt nicht festzustellen.
 
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