Albrecht II.

tela

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Hallo,

Ich lese gerade den Sammelband "Die deutschen Herrscher des Mittelalters" von Schneidmüller/Weinfurter.

Zu Albrecht II. steht da auf S. 486: Dass die Kurfürsten damit zugleich ihre mehr als einhunderjährige Ignoranz der Habsburger aufgaben, hat freilich auch mit der problematischen Lage in diesen Ländern zu tun.

Das klingt für mich danach, dass die Kurfürsten planmäßig dafür gesorgt haben, dass ja kein Habsburger nach Albrecht I. (oder Friedrich dem Schönen) König werden würde. Gab es so einen Plan? Ist es nicht einfach so, dass es mit den Luxemburgern für ein Jahrhundert (mit Unterbrechung Ruprecht) einfach eine dominierende Dynastie gab, die auch die Nachfolge für den/die Söhne durchsetzen konnte, so dass sich überhaupt nicht die Frage stellte, ob man einen König aus einer anderen Familie wählen könnte. Oder stand bei Ruprecht auch ein Habsburger zur Verfügung, der bewußt übergangen wurde?
 
Das klingt für mich danach, dass die Kurfürsten planmäßig dafür gesorgt haben, dass ja kein Habsburger nach Albrecht I. (oder Friedrich dem Schönen) König werden würde.
Würde ich nicht unbedingt da herauslesen.

Ist es nicht einfach so, dass es mit den Luxemburgern für ein Jahrhundert (mit Unterbrechung Ruprecht) einfach eine dominierende Dynastie gab, die auch die Nachfolge für den/die Söhne durchsetzen konnte, so dass sich überhaupt nicht die Frage stellte, ob man einen König aus einer anderen Familie wählen könnte.
Das Alleinstellungsmerkmal der Luxemburger in der Zeit dürfte vor allem sein, dass es Karl IV mit seiner goldenen Bulle von 1356 geschafft hatte den Modus der Königswahl zu verändern und alle außer den nachmaligen 7 Kurfürsten vom Wahlprozedere auszuschließen.
Und zwar in einer Weise, dass die konkurrierenden Habsburger keine Kurwürde erhielten und damit in Sachen Königswahl von Anfang an im Nachteil waren, während von den ebenfalls konkurrierenden Wittelsbachern der pfälzische Zweig die Kurwürde erhielt, aber der bayerische zweig nicht.

Kommt noch hinzu, dass die Luxemburger selbst am Ende im spätern Verlauf des 14. Jahrhunderts zwei Kurstimmen hielten, da sie nicht nur die Könige von Böhmen, sondern später auch die Markgrafen von Brandenburg stellten.

Das beudetet von den 7 Kustimmen waren am Ausgang des 14. und am Anfang des 15. Jahrhunderts 3 Kurstimmen in der Hand von Dynastien, die traditionell eher mit den Habsburgern konkurrierten, so dass hier keine Unterstützung zu erwarten war.

Das heißt um eine Königswahl durchzusetzen, hätten die Habsburger, da sie die böhmische, die pfälzische und die brandenburgische Kurstimme nicht (oder nur sehr schwer) bekommen konnten tendenziell alle anderen Kurstimmen (Mainz, Köln, Trier, Sachsen) hinter sich bringen müssen.

D.h. man wird davon sprechen können, dass die Habsburger da relativ wenige realistische Möglichkeiten hatten, aber nicht unbedingt, weil sich irgendwer gegen sie verschworen gehabt hätte, sondern weil sie es bei der Begründung des neuen Wahlmodus für die Königswahl durch Karl IV. v. Luxemburg nicht gschafft hatten in den Kreis der Kurfürsten aufgenommen zu werden, während ihre weltlichen Konkurrenten Luxemburg und Wittelsbach fast alle weltlichen Kurstimmen hielten und die somit für Habsburg weitgehend blockiert waren.


Das änderte sich als es zur Krise in den Böhmischen Ländern kam (Erbstreitigkeiten zwischen Sigismund und Jobst v. Mähren außerdem Hussitenkriege), die Sigismund so sehr in Bedrängnis und finazielle Probleme brachte, dass er die Mark Brandenburg samt Kurstimme den Hohenzollern (waren bis dahin vor allem Burggrafen von Nürnberg und hatten Einfluss vor allem in Franken) abtreten musste .

Das und dann noch der Umstand, dass Sigismud keinen männlichen Erben hinterließ, der noch als Konkurrent der Habsburger hätte auftreten können änderte die Situation.
 
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Das Alleinstellungsmerkmal der Luxemburger in der Zeit dürfte vor allem sein, dass es Karl IV mit seiner goldenen Bulle von 1356 geschafft hatte den Modus der Königswahl zu verändern und alle außer den nachmaligen 7 Kurfürsten vom Wahlprozedere auszuschließen.
Und zwar in einer Weise, dass die konkurrierenden Habsburger keine Kurwürde erhielten und damit in Sachen Königswahl von Anfang an im Nachteil waren, während von den ebenfalls konkurrierenden Wittelsbachern der pfälzische Zweig die Kurwürde erhielt, aber der bayerische zweig nicht.
Allerdings war es nicht so, dass Karl IV. mit der "Goldenen Bulle" die Königswahl völlig neu aufgestellt hätte. Das Kurfürstenkollegium hatte sich bereits im 13. Jhdt. herausgebildet. Bereits im "Sachsenspiegel" hieß es, der "Kaiser" solle von den Bischöfen von Trier, Mainz und Köln, dem Pfalzgrafen vom Rhein, dem Herzog von Sachsen und dem Markgrafen von Brandenburg gewählt werden. (Dem König von Böhmen hingegen wurde das Wahlrecht abgesprochen, weil er nicht "deutsch" sei.)
Der Wahlmodus war also bereits Gewohnheitsrecht, als er von Karl IV. formalisiert wurde. Dass ihm die Zusammensetzung des Kurfürstenkollegiums entgegenkam (und den Habsburgern nicht), war somit eher Glück als gezielte Manipulation.
 
Allerdings war es nicht so, dass Karl IV. mit der "Goldenen Bulle" die Königswahl völlig neu aufgestellt hätte. Das Kurfürstenkollegium hatte sich bereits im 13. Jhdt. herausgebildet. Bereits im "Sachsenspiegel" hieß es, der "Kaiser" solle von den Bischöfen von Trier, Mainz und Köln, dem Pfalzgrafen vom Rhein, dem Herzog von Sachsen und dem Markgrafen von Brandenburg gewählt werden. (Dem König von Böhmen hingegen wurde das Wahlrecht abgesprochen, weil er nicht "deutsch" sei.)
Der Wahlmodus war also bereits Gewohnheitsrecht, als er von Karl IV. formalisiert wurde. Dass ihm die Zusammensetzung des Kurfürstenkollegiums entgegenkam (und den Habsburgern nicht), war somit eher Glück als gezielte Manipulation.

Das sich das entwickelt hatte ist mir bekannt, aber war es nicht so, dass die Kurfürsten zuvor kein Exklusivwahlrecht hatten, sondern zunächst nur das Vorrecht sich auf einen Kandidaten zu einigen und diesem mehr oder weniger vorzuschlagen, während die anderen Fürsten dass noch bestätigen mussten?

So weit mir bekannt, war doch teilweise durchaus auch umstritten, ob der König von Böhmen rechtmäßigerweise in den Kreis der Kurfürsten gehörte oder nicht?
Im Sachsenspiegel des Eike von Repgrow von 1230 , etwa wurde dieser Anspruch ja abgelehnt.
 
Das sich das entwickelt hatte ist mir bekannt, aber war es nicht so, dass die Kurfürsten zuvor kein Exklusivwahlrecht hatten, sondern zunächst nur das Vorrecht sich auf einen Kandidaten zu einigen und diesem mehr oder weniger vorzuschlagen, während die anderen Fürsten dass noch bestätigen mussten?

Schon seit längerer Zeit nicht mehr:

Entsprechend schreibt der Schwabenspiegel 1275/76 den rheinischen Erzbischöfen die drei ersten geistlichen und dem Pfalzgrafen, dem Sachsen, dem Brandenburger und dem Bayern (dabei also zwei Wittelsbachern) die vier ersten weltlichen Stimmen zu (Q 61). Eine 1295 oder einige Jahre später zu datierende Handschrift fügte die Ausschließlichkeit hinzu: "und ander niemen sol den chaiser welen".


Zum Schwabenspiegel siehe auch:

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Schwabenspiegel zum ersten Mal ein rational klar geordnetes Königswahlrecht bietet, das eindeutig vielfach dem Muster des kanonischen Rechts folgt. Der Schwabenspiegel wurde später 1356 zur wichtigsten Rechtsquelle für die Goldene Bulle und erlangte somit für die deutsche Verfassungsgeschichte entscheidende Bedeutung. Er hat insbesondere drei Rechtsprinzipien in das deutsche Königswahlrecht eingeführt: 1.) die endgültige Festlegung auf die Zahl von sieben Kurfürsten, 2.) die klare Formulierung des aus dem kanonischen Recht übernommenen Mehrheitsprinzips und schließlich 3.) die Einheit des Wahlakts, wodurch ein späterer Konsens von nicht anwesenden Wahlberechtigten, wie er noch 1252 und 1257 erfolgt war, nicht mehr als rechtswirksam anerkannt werden konnte.
 
Würde ich nicht unbedingt da herauslesen.
Es geht freilich in die Richtung, scheint mir. Ignoranz als Nicht-Wissen-Wollen. Die Textstelle ist in vieler Hinsicht interessant, denn die Wahl Albrechts würde ich nicht als Votum pro Habsburg betrachten. Albrecht war die rechte Hand seines Vorgängers Sigismund und dessen Wunschkandidat für die Nachfolge, erbte in Teilen die luxemburgische Hausmacht, und war letztlich auch nur zur rechten Zeit am rechten Ort, als Sigismund starb.
 
Hallo,

Ich lese gerade den Sammelband "Die deutschen Herrscher des Mittelalters" von Schneidmüller/Weinfurter.

Zu Albrecht II. steht da auf S. 486: Dass die Kurfürsten damit zugleich ihre mehr als einhunderjährige Ignoranz der Habsburger aufgaben, hat freilich auch mit der problematischen Lage in diesen Ländern zu tun.

Das klingt für mich danach, dass die Kurfürsten planmäßig dafür gesorgt haben, dass ja kein Habsburger nach Albrecht I. (oder Friedrich dem Schönen) König werden würde. Gab es so einen Plan? Ist es nicht einfach so, dass es mit den Luxemburgern für ein Jahrhundert (mit Unterbrechung Ruprecht) einfach eine dominierende Dynastie gab, die auch die Nachfolge für den/die Söhne durchsetzen konnte, so dass sich überhaupt nicht die Frage stellte, ob man einen König aus einer anderen Familie wählen könnte. Oder stand bei Ruprecht auch ein Habsburger zur Verfügung, der bewußt übergangen wurde?

Da in diesem Sammelband gerade die Habsburger leider besonders schlecht wegkommen, hat eine solche Behauptung nicht viel Gewicht. (Selbst wenn ein renommierter Historiker bzw. eine renommierte Historikerin sie macht.)

So weit es sich beurteilen lässt, ist die tatsächliche Rolle der Habsburger und ihrer Versuche, wieder zur römischen Königswürde zu gelangen, für den Zeitraum 1330-1437 bisher nicht wissenschaftlich untersucht worden, weil dieser Aspekt bis Ende des 20. Jahrhunderts nicht für relevant gehalten wurde und eine seriöse Beschäftigung mit den Habsburgern im 21. Jahrhundert nur mehr Nischenthema ist. Zumindest bei den zwei Fällen eines Königswechsels (um 1347 und um 1395), wo die Habsburger eine reelle Chance gehabt hätten, fehlte ihnen der geeignete Kandidat bzw. sorgte ein Todesfall dafür, dass sie diese nicht nutzen konnten.
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König / Kaiser sein war für die Kurfürsten eigentlich seit der Goldenen Bulle nur mehr eine Ehre und eine recht kostspielige Ehre, da der König / Kaiser zu dieser Zeit nur mehr ein "besserer Kurfürst" war. Die Kurfürsten hatten "de facto" nun eine durchaus ihrem Kaiser / König vergleichbare Machtposition, im Unterschied zu ihm allerdings mussten sie nicht auch mit den Mitteln ihrer Lande noch die Reichspolitik mitfinanzieren. Spätestens mit der Herrschaft von Kaiser Karl IV. waren die legalen Mitteln, die Herrscher "de facto" über das Heilige Römische Reich besaß, endgültig verbraucht.

Um Kaiser / König zu sein kamen nur mehr Personen aus dem Adel in Frage, die mächtig und reich genug waren, sich um das Kaisertum / Königtum selbst leisten zu können. Doch warum soll jemand die Nachteile (Kosten) in Kauf, wenn er "de facto" bereits die Vorteile ohnehin hat? Und das war bei den Kurfürsten der Fall? Ihnen hätte die "römische" Königswürde doch nur Spesen, doch keine weiteren Vorteile gebracht. Die Kurfürsten seit der Goldenen Bulle waren noch dazu, ausgenommen die Luxemburger, Familien (Askanier, Wettiner, Hohenzollern) bzw. Familienzweige (Wittelsbacher), die vorher nie "römische" Könige gewesen waren. Damit fiel für sie auch die Motivation Ehrensache weg.

Wer aber benötigte zu diesem Zeitpunkt noch einen "römischen" König bzw. Kaiser?
Eigentlich nur die Kurfürsten, denn ihre damals besondere Stellung im Reich legitimierte sich eigentlich seit der Goldenen Bulle nur dadurch, dass sie die legitimierten Königswähler waren. Wenn es aber keinen "römischen" König bzw. Kaiser mehr gegeben hätte, wäre ihre Sonderstellung, festgeschrieben in der Goldenen Bulle, gar nicht mehr legitimiert gewesen. Also hatten gerade sie größtes Interesse daran, dass es weiterhin diesen Kaiser / König gibt?

König Albrecht II. war der erste Schwiegersohn eines römischen Königs, der die Nachfolge des Schwiegervaters antreten konnte, was bisher noch nie der Fall gewesen war. Wie sein bisheriger Werdegang zeigt, hatte er zuvor bereits fleißig vorgearbeitet, um seinen Schwiegervater zur Gänze oder wenigstens teilweise zu beerben. Dass Albrecht ein Habsburger war, dürfte dabei nicht von Belang gewesen sein. Abgesehen davon, dass Albrecht als Nachfahre von zwei bzw. drei "römischen" Königen vermutlich dynastische Ehrverpflichtungen hatte und die Habsburger zudem keine Kurfürsten waren, also im Unterschied zu den Kurfürsten von der "römischen" Königswürde profitieren konnten. Bei Albrecht könnte ein weiteres Motiv gewesen sein, dass er als "römischer" König, seine Nachfolge im böhmischen Königreich sichern konnte, wodurch er ebenfalls in den "Besitz" einer Kurstimme gelangen würde.

Offensichtlich war Albrecht der einzige ernsthafte Kandidat, was zeigt, wie eng die Situation für die Kurfürsten damals gewesen sein dürfte. (Die Umstände, wie Albrecht die Königswürde angeboten wurde und wie er sie annahm, legen das nahe.) Albrecht selbst hatte zwar Interesse der neue "römische" König zu sein, aber die Nachfolge im böhmischen und im ungarischen Königreich hatte für ihn eindeutig Priorität. Er konnte es sich offensichtlich leisten, nachdem er nach einer Bedenkzeit die Königswohl offiziell angenommen hatte, erst einmal nicht ins Reich zu kommen, sondern stattdessen seine beiden anderen Krone, die er nun mit Zustimmung der dortigen Landstände "erben" konnte, zu sichern.

Dass er nicht einmal zwei Jahre später starb, dürfte die Lage für die Kurfürsten verschärft haben. Dass dann nochmals ein Habsburger zum Zug kam und nicht etwa ein Wittelsbacher dürfte nicht nur damit zusammenhängen, dass Albrecht II. ein Habsburger gewesen war, sondern auch damit, dass es zu diesem Zeitpunkt offensichtlich keinen nicht-kurfürstlichen Wittelsbacher gab, der als ernst zu nehmender Kandidat um die Kaiserwürde in Frage gekommen wäre. Andere Dynastien im Reich, die nicht kurfürstlich waren, dürften nicht mächtig genug oder bereit gewesen sein, die Nachteile der "römischen" Königswürde für ihre Vorteile in Kauf zu nehmen.
 
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