tejason, natürlich war ein römischer Bischof im 3.Jahrhundert etwas anderes als der Fürsterzbischof von Mainz im 16.Jahrhundert, aber beide sind Ausgangs- bzw. Endpunkt einer kontinuierlichen Entwicklung vom geistlichen Oberhaupt hin zum Territorialfürsten.
Es geht hier um Kontinuitäten. Und da stehen die alten Bistümrer des
Heiligen Römischen Reichs in einer unununterbrochenen Tradition, die von der Spätantike bis in die Neuzeit reicht. Und wie das bei so langen Zeiträumen, die immerhin etwa 1500 Jahre umfassen, nicht anders sein kann, erfuhren Bistümer und Bischofsfunktionen evolutionäre Veränderungen.
Beispiel Mainz. Dort gab es im 2. Jh. n. Chr. eine christliche Gemeinde und seit dem 4. Jh. war Mainz Bischofssitz. Seit 745 war dort der Missionar Winfried Bonifatius Bischof - der "Apostel der Deutschen" -, und machte Mainz zu einer der angesehensten Diözesen des Abendlandes. Unter seinem Nachfolger Lullus wurde Mainz zum Erzbistum erhoben.
Als im 10. Jh. das
Heilige Römische Reich entstand, wurden die Mainzer Erzbischöfe als Erzkanzler eng mit dem mittelalterlichen Reich verbunden und stiegen zu Reichsfürsten auf. Nunmehr gab es eine Doppelfunktion: der Erzbischof war zum einen geistlicher Leiter seiner Diözese (und stand der Erzdiözese vor). Zum anderen stieg er zum
Reichsfürsten auf, übernahm die Funktion eines Landesherrn und war Herrscher über ein Territorium mitsamt seinen Einwohnern. Als Mitglied des Kurfürstenkollegiums bestimmte er mit sechs weiteren Kurfürsten die Königswahl und beeinflusste in dieser Funktion die Reichspolitik.
Ähnlich sah das auch bei den anderen Bischöfen des Heiligen Römischen Reichs aus: Sie waren geistliche Leiter ihrer Bistümer und gleichzeitig Reichsfürsten mit den weltlichen Funktionen eines Landesherrn. Vielfach gab es diese langen Kontinuitäten, d.h. die Bischöfe gingen aus frühchristlichen Gemeinden der Spätantike hervor und entwickelten sich im mittelalterlichen Reich zu geistlichen Leitern und Landesfürsten.
So wird z.B. der erste belegbare Bischof von Köln - Maternus - im Jahr 313 erwähnt und entsprechend den politischen Veränderungen haben wir im 6. Jh. den ersten Bischof mit fränkischem Namen:
Everigisil und fünfter Bischof von Köln. In anderen Bistümern an Rhein und Donau wie Worms, Speyer, Regensburg, Trier oder Augsburg gab es ähnliche Entwicklungen. Andere Bistümer wie Hildesheim, Münster, Magdeburg oder Würzburg entstanden erst nach dem 8. Jh., wuchsen aber ebenfalls in die geistliche und reichsfürstliche Doppelfunktion hinein.