Messiaserwartung: Wie viel Konkurrenz hatte Jesus?

Es ist ein Diskurs vom OT aber sicher interressant: der Messianismus erlebte viel später erneut eine Blüte: und zwar nach der mongolischen (und damit buddhistischen) Eroberung Bagdads und dem damit einhergehenden Ende des Abbasidenkalifats 1258 sahen sich die Muslime dem Buddhismus und seinem karmisch-gerechten Königtum und Inkarnation ausgesetzt und es enstand zur eigenen Legitimation ein sakrales, messianisches Königtum.

An Afterlife for the Khan, Jonathan Brack (übersetzt):
In diesem Buch wird die These vertreten, dass Rashid al-Dins buddhistisch und mongolisch inspiriertes Experimentieren mit islamischen theologischen Diskursen eine entscheidende Zwischenstufe zwischen den beiden dominanteren Rahmen für die Legitimierung islamischer, sultanischer Autorität bildete - der vormongolischen Phase einer restriktiven, legalistischen und genealogisch begründeten Kalifenstruktur und dem postmongolischen unabhängigen Modell einer universellen und sakralen islamischen Herrschaft, die durch heilige und messianische Diskurse gestützt wurde. Die mongolische Besetzung Bagdads und die damit einhergehende Beseitigung des abbasidischen Kalifats im Jahr 1258 stellte ein dramatisches Ereignis dar, das die religiös-politischen Grundlagen der Welt der sunnitischen Mehrheit erschütterte. Diese Katastrophe leitete eine Ära einer beispiellosen Verfassungskrise ein, die sich nach dem Zusammenbruch des ilkhanidischen Staates im Jahr 1335 noch verschärfte. In den folgenden Jahrhunderten wurden neue Strategien zur Legitimierung der sultanischen Autorität formuliert, um diese Krise zu lösen.

Die Muslime am Hof waren buddhistischen Konzepten ausgesetzt und bemühten sich sehr, auf diese zu reagieren. Dabei handelte es sich nicht unbedingt um die Feinheiten des Dharma, sondern vielmehr, wie wir sehen werden, um buddhistische Methoden der Auseinandersetzung mit politischen Autoritäten und Bekehrungsstrategien.

Anhand der theologisch-philosophischen Werke eines persisch-muslimischen Wesirs, der in der intellektuellen Szene des ilkhanidischen Hofes an der Wende zum 14. Jahrhundert aktiv war, zeigt An Afterlife for the Khan, wie die persisch-muslimische Erfahrung mit dem Buddhismus und seinem System des karmisch-gerechten Königtums einerseits und die Anpassung an und der Widerstand gegen das mongolische Modell des vergöttlichten Königtums andererseits Prozesse des kreativen Experimentierens mit neuen Formen des islamischen sakralen Königtums hervorbrachten und beeinflussten. Die Buddhisten vermarkteten Konzepte und Modelle des karmischen Königtums als Mittel zur Übersetzung, Bekräftigung und Konvertierung der Ansprüche ihrer tschingisidischen Gönner auf ein vergöttlichtes Königtum. Die islamische Herausforderung bestand also nicht nur darin, ihre ilkhanidischen Gönner für den muslimischen Glauben zu gewinnen oder - im Falle der bereits konvertierten Mongolen - ihr Bekenntnis zum Islam zu festigen, sondern auch ihre frühere buddhistische Erziehung zu entwurzeln.

Das so enstehende Konzept vom muslimisch-heiligen Königtum (nicht, dass sich die Europäischen Könige weniger Heilig betrachteten, bis zur Reformation) hatte Erfolg:

The Millenial Sovereign, Azfar Moin (übersetzt):
Dieses Buch bespricht zwei wichtige Wissenschaftsbereiche, die nur selten zusammen untersucht werden: das heilige Königtum und das Heiligentum im Islam. Dabei bietet es eine originäre Perspektive auf beide. In historischer Hinsicht liegt der Schwerpunkt auf dem Mogulreich im Indien des 16. Jahrhunderts und seinen Vorläufern und Parallelen im timuridischen Zentralasien und im safawidischen Iran. Diese miteinander verbundenen Milieus bieten einen idealen Ausschnitt, um die Beziehung zwischen muslimischem Königtum und Heiligkeit zu untersuchen und zu überdenken. Denn hier brachten muslimische Herrscher ihre Souveränität und verkörperte Sakralität nach dem Vorbild von Sufi-Heiligen und heiligen Erlösern zum Ausdruck.
Die indische Mogul-Dynastie (1526-1857) und die iranische Safawiden-Dynastie (1501-1722) waren Beispiele für diese Art des heiligen Königtums. Die begründenden und frühen Monarchen dieser beiden Dynastien richteten ihre Höfe nach dem Muster der Sufi-Orden ein und stellten sich selbst als den verheißenen Messias dar.
In ihrer klassischen Phase vertraten sowohl die Moguln als auch die Safawiden einen Stil der Souveränität, der "heilig" und "messianisch" war. Diese Ähnlichkeit ist weder ein Zufall noch eine zufällige Kuriosität, sondern resultiert aus einem gemeinsamen Muster der Monarchie, das auf Sufi- und Jahrtausendmotiven beruht. In dieser Zeit entwickelte sich ein Ensemble von Ritualen und Wissen, um den Körper des Königs heilig zu machen und ihm die Gestalt eines prophezeiten Erlösers zu geben, einer Figur, die die unerträgliche Ordnung der Dinge in Ordnung bringen und eine neue Ära des Friedens und der Gerechtigkeit einleiten würde - das neue Jahrtausend. Gestützt auf messianische Vorstellungen und rationalisiert durch politische Astrologie, versuchte diese Art der Souveränität, Höflinge und Soldaten an den Monarchen als geistigen Führer und weltlichen Herrn zu binden.
 
den Römern war das Königtum aber (ursprünglich) zutiefst verhasst, ("odium regni", nachdem sie sich von den Etruskern befreit hatten folgten auf Romulus sechs "gute" Könige bis es unter Tarquinius Superbus zur Tyrannis kam. Nachdem Brutus die gens Tarquinius aus Rom vertrieben hatte schwor man nie wieder einen König über sich zu dulden... der Ursprung der res publica und des odium regni, Königshass) sie gravierten INRI in das Kreuz Jesu, Jesus von Nazareth, König der Juden, und setzten ihm eine Dornenkrone auf den Kopf.

Ich möchte hier einhaken. Die Römer verabscheuten die Monarchie - für sich selbst. Aus diesem Grund nannte sich Augustus ja auch nie König, gleichwohl der „primus inter pares“ aus Rom wieder eine Monarchie machte. Die griechischen Basilei waren den Römern ziemlich schnuppe, jedenfalls war das Führen eines solchen Titels kein Hindernis für Rom solche Basilei in ihr Klientelverhältnis aufzunehmen. Auch die judäisch-samarischen Könige (die Klientelkönige Roms waren, führten diesen Titel.
 
Ich möchte hier einhaken. Die Römer verabscheuten die Monarchie - für sich selbst. Aus diesem Grund nannte sich Augustus ja auch nie König, gleichwohl der „primus inter pares“ aus Rom wieder eine Monarchie machte. Die griechischen Basilei waren den Römern ziemlich schnuppe, jedenfalls war das Führen eines solchen Titels kein Hindernis für Rom solche Basilei in ihr Klientelverhältnis aufzunehmen. Auch die judäisch-samarischen Könige (die Klientelkönige Roms waren, führten diesen Titel.

Ja, nicht nur Romulus und die "guten" altrömischen Könige wurden äußerst positiv bewertet, sondern auch fremde Herrscher wie Phillip V, Antiochus III, Perseus oder Kyros und sogar erbitterte Erzfeinde wie der Etruskerkönig Porsenna und Pyrrhos. Ennius Annalen IV beschreiben Pyrrhos sehr positiv als großzügig, mit Anstand und respektvoll ggü. seinem Feind. Nach Plutarch wiederum berichtet der griechische Philosoph Kineas, der als Gesandter Pyrrhos in Rom verweilt, seinem König der römische Senat erschien ihm wie "eine Versammlung von Königen". Catos Senatsrede de falsis pugnis bezeichnet Ptolemaios IV. als rex optimus atque beneficissimus (der beste und gütigste König). Ciceros Dialog de re publica verwendet die Begriffe rex und regnum nach Platons Vorbild eines βασιλικὸς ἀνήρ (vasilikós anír, königlicher Mann) für vorbildliche Staatsmänner (will aber auch gewusst wissen dass die römische, historisch gewachsene Staatsform entgegen der Platons keine philosophische Utopie ist) und hält es für notwendig, dass ein Volk von reges geführt wird, er prägt dafür den Begriff moderator rei publicae. Die Republik habe alle Vorteile einer Monarchie, der umfassenden Machtfülle in der Hand von Einzelnen, aber durch die Begrenzung der Amtszeit auf ein Jahr, ein "Einjahreskönigtum" quasi, sowie den Senat und die gleichzeitige Herrschaft von zweien (Konsuln), keinen ihrer Nachteile. Sie habe alle Vorteile einer Aristokratie, der "Herrschaft der Besten", dadurch dass die fähigsten der Bürger in den Staat rekrutiert würden, aber durch die Wahl der Beamten durch die Volksversammlung keinen ihrer Nachteile. (367. v. Chr. erließen die licinisch-sextischen Gesetze, dass nicht nur adlige Plebejer, sondern auch talentierte Bürger Konsuln werden konnten. Cicero warnt deutlich davor nicht Abstammung sondern virtutes, Talente, für Staatsmänner von Entscheidung sein zu lassen). Entsprechend inszenierten Staatsmänner sich zunehmend mit 'königlichen' Eigenschaften und es wird das wichtigste die Konkurrenten darin zu übertrumpfen, die römische Republik verfällt der Prunksucht und Dekadenz. Cäsar weitet die einst strengen Regelungen für die Sonderregierungsform für Ausnahmezustände, die Diktatur, für sich immer weiter aus und lässt sich zuletzt zum Diktator auf Lebenszeit ernennen, dafür wird er prompt ermordet. Sein Adoptivsohn und Nachfolger Octavian kaschiert dann seine de facto Alleinherrschaft als "Prinzipat" und wird Augustus, das Ende der Republik.
 
Dazu auch:

Barbara Schmitz, Geschichte Israels

Die Anhänger eines Glaubens glauben aber ja daran, also wussten von dem gerade zitierten nichts. Tropen aus der Exoduserzählung werden vielfach in der Bibel wiederverwendet, insofern ist an was du sagst womöglich was dran, die Geschichte von Herodes Kindermord in Bethlehem wird heute überwiegend als legendär verstanden. Die Wahrheit ist vermutlich wie so oft irgendetwas dazwischen.

Bitte stets die Seitenzahlen bei einer Zitation aus Literatur mitliefern, ebenso das Erscheinungsjahr...

Hier kann weiterhin das Exodus-Motiv des in einem Binsenkorb versteckten und geretteten Mose sinnvoller weise mit dem Hinweis ergänzt werden, dass es wahrscheinlich als Motiv aus jener Phase stammte, in welcher Sargon II. von Assyrien das Nordreich Israel beherrschte und vielfach die Bewohner des Nordreiches deportiert worden waren.

Sonst fragt sich vielleicht die/der eine/andere UserIn, wie es das Motiv von Sargon II. in den Exodus geschafft hat...;)
 
3. Aufl. 2022, S. 135

Zudem wurde das AT zum bedeutendsten Teil in exilisch-nachexilischer Zeit redigiert und niedergeschrieben, also im Babylonischen und Persischen Exil und kurz danach (Jerusalemer Geschichtswerk). Dabei wurden alte Geschichten und Erinnerungsfragmente an die dann aktuelle Zeit angepasst. Der YHWH-Monotheismus stammt aus dieser Zeit.
Als man den Exodus niederschrieb wurden also wohl auch eine Menge verblasster Erinnerungen vermischt.
Der "Bund Gottes mit Israel" ist etwa eine verdrehte Abschrift des Vasallenvertrags Königs Manasse von Juda mit Assurbanipal, der noch im Tempel in Jerusalem herumlegen musste und von den späteren Generationen der Heimkehrer aus dem Exil vielleicht auch einfach nicht mehr richtig verstanden wurde bzw das was sie verstanden ist dann eben was als "Bund Gottes" geschrieben wurde. Das macht diesen "Bundesvertrag" allerdings auch zu einer besonderen Novität in der Menschengeschichte:

Sacred Kingship in World History 2022 S. 105 Pharaonic Kingship and it's Biblical Deconstruction schrieb:
Die Autoren des Deuteronomiums haben das Modell eines politischen Vertrags von Assyrien übernommen. Der Treueeid, den König Assarhaddon im Jahr 672 v. Chr. seine Untertanen und Vasallen seinem designierten Nachfolger Assurbanipal schwören ließ, macht sich bis in den Wortlaut des biblischen Textes hinein bemerkbar. Einer dieser Vasallen muss König Manasse von Juda gewesen sein, so dass man davon ausgehen kann, dass eine Abschrift des Nachfolgevertrags und des Eids im königlichen Archiv in Jerusalem aufbewahrt wurde. Bei der Anwendung dieser assyrischen Vorlage auf den Bund zwischen JHWH und dem Volk haben die biblischen Autoren sie in zweierlei Hinsicht übernommen und angepasst. Erstens schließt Gott diesen Vertrag nicht mit dem König in seiner Eigenschaft als Vertreter des Volkes vor den Göttern, sondern direkt mit dem Volk selbst; zweitens gelten die Treueklauseln nicht zwischen dem Volk und dem König in seiner Eigenschaft als Vertreter der Götter vor dem Volk, sondern zwischen dem Volk und Gott. In einer verblüffenden Neuerung wird damit die Stellung des Königs als Vertreter und Vermittler umgangen. Durch die "Übertragung" der König-Gott-Beziehung und der König-Volk-Beziehung auf die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk wird die assyrische Staatsideologie in die israelitische Bundestheologie überführt. Die Tatsache, dass Gott seinen Bund mit dem Volk als Ganzem schließt und nicht durch die Fürsprache des Königtums, der Priesterschaft oder einer anderen repräsentativen Autorität, wird zur Grundlage für eine neue, spezifische, emphatische und in gewissem Maße "demokratische" Auffassung des Volkes. Das Volk - nicht Mose, nicht die siebzig Ältesten, nicht Aaron, nicht die Leviten - nimmt die Rolle eines souveränen Partners im Bund ein.

Ein ganzer Abriss über das Neuassyrische Reich im Bezug auf Palästina:

Christian Frevel Geschichte Israels 2 Aufl 2018 S. 202-204 schrieb:
Während die Spätbronzezeit durch die ägyptische Dominanz in der Levante geprägt war, die am Ende der Übergangszeit (Eisen I-IIA) noch einmal kurz in Palästina aufschien, sind das 9.-7. Jh. v. Chr. vor allem durch das Aufkommen der neuassyrischen Großmacht und ihren Einfluss auf Israel und Juda bestimmt. Es bleibt allerdings dabei, dass die balance of power zwischen Ägypten und Mesopotamien das Geschehen bestimmt. Israel und Juda auf der syro-palästinischen Landbrücke sind eingespannt in die Machtansprüche, die sich in etwa die Waage halten. Mit der Schwäche bzw. Stärke einer der Großmächte verschieben sich die Verhältnisse meist auch in Israel und Juda, zum Teil mit erheblichen Folgen. Bereits am Ende des 10. Jh.s v. Chr. schafft Adad-nērārī II. (912-891 v. Chr.) die ersten Grundlagen des neuassyrischen Reiches durch die Annexion (Eingliederung/Aneignung) von Gebieten (Feldzüge gegen Babylon und die Aramäer) und die Einführung einer staatlichen Verwaltung. Unter Aššur-nāṣirpal II. (884-859 v. Chr) weitet sich der Machtbereich durch Vasallitätsverhältnisse nach Westen aus. Unter ihm und seinem Nachfolger Salmanassar III. (859-824 v. Chr.) dehnen die Neuassyrer das Reich auf Kilikien und Syrien sowie weit in den Osten aus, während im Norden das Reich von Urartu als mächtiger Gegner die Herrschaftsansprüche begrenzt. Im unmittelbaren Westen des Reiches leisten die aramäischen Kleinstaaten Widerstand, der sich besonders in der antiassyrischen Koalition in der Schlacht bei Qarqar 853 v. Chr. manifestiert, als das assyrische Reich auf Südsyrien auszugreifen versucht.
Den Höhepunkt erreicht die neuassyrische Expansionspolitik im 8. Jh. v. Chr. unter Tiglat-Pileser III. (745-727 v. Chr.), der nahezu ganz Vorderasien in seine Vasallität zwingt und seine brutale Annexionspolitik religionspolitisch resp. ideologisch durch den Weltmachtanspruch des Staatsgottes Aššur legitimiert. Mit der aufgezwungenen pax assyriaca sind regelmäßige Tributzahlungen der Vasallen verbunden. Mit der Einbindung in das assyrische Wirtschafts und Handelssystem sind aber nicht nur die Nachteile der Ressourcenabschöpfung, sondern zugleich durch die Teilnahme am internationalen Handel, bessere Ressourcenverwertung oder die Erhöhung der Produktionskraft Chancen für die ökonomische Entwicklung der Vasallen verbunden. Wenn Vasallenkönige jedoch untreu werden oder gegen die Herrschaft aufbegehren, wird mit großer militärischer Härte vorgegangen, was oftmals mit Deportationen der ansässigen Bevölkerung und mit der Neuansiedlung fremder Bevölkerungsteile aus dem assyrischen Herrschaftsbereich einhergeht. Die untreuen Vasallen werden entweder ersetzt oder das Gebiet zu einer assyrischen Provinz umgewandelt.

In Palästina führt der erneute Widerstand syrischer Koalitionäre schließlich zur Eroberung Samarias (722/20 v. Chr.) unter Salmanassar V. (727-722 v. Chr.) und dem Ende der politischen Eigenständigkeit des Nordstaates Israel. Der schwächere Südstaat kann die politische Eigenständigkeit zunächst unter den Sargoniden noch bewahren, mit denen Assur unter dem Usurpator Sargon II. (722-705 v. Chr.) und seinen Nachkommen Sanherib (705-681 v. Chr.), Asarhaddon (681-669 v. Chr.) und Assurbanipal (669-631 v. Chr.) den Höhepunkt seiner Macht mit Ausdehnung nach Zypern und Ägypten erreicht. Ab dem 8. Jh. v. Chr. beginnt das seit Tiglat-Pileser III. (745-727 v. Chr.) in Personalunion verwaltete Babylonien unter Marduk-apla-iddin Il. (722-710 u. 703 v. Chr.) wieder zu erstarken, was 689 v. Chr. zur Zerstörung Babylons führt. Ab dem Ende des 7. Jh.s v.Chr. zeigen sich deutliche Zeichen des Zerfalls des neuassyrischen Großreiches, was nicht nur Babylon, sondern auch Ägypten wieder erstarken lässt. Mit dem assyrisch-babylonischen Bruderkrieg (652-648 v. Chr.) zwischen Assurbanipal und Šamaššumumkīn (668-648 v. Chr.), den noch Asarhaddon als Herrscher in Babylonien eingesetzt hatte, bricht der Konflikt zwischen Babylon und Assur auf. Babylon wird noch einmal niedergerungen (648 v. Chr.), doch in der Folgezeit erstarkt das babylonische Reich unter Nabopolassar (626-605 v. Chr.), der die Hauptstadt prächtig ausbaut und die »Rache Marduks« für die traumatische Eroberung Babylons durch Sanherib 689 v. Chr (R. Albertz bezeichnet sie als Gründungsmythos des neubabylonischen Reiches) nimmt: 614 v. Chr. wird Assur erobert, 612 v. Chr. fällt Ninive und mit der Eroberung Harans 609 v. Chr. treten die Meder und Neubabylonier endgültig das Erbe der Neuassyrer an.
Neben den Neuassyrern und Neubabyloniern bestimmen die Ägypter die großpolitische Szene. Sie nutzen Schwächephasen Assurs zum Ausbau ihrer hegemonialen Machtansprüche, die in der zweiten Hälfte des 8. Jh.s v. Chr. nach einer Periode außenpolitischer Schwäche wieder anwachsen. Die Kontrolle des Handels auf der via maris war dabei ebenso entscheidend wie der Zugriff auf die Ressourcen etwa im Negeb und der Sinaihalbinsel. Dazu lassen sich die Ägypter erstmals 713 v. Chr. auf eine am Ende erfolglose antiassyrische Koalition mit den Kleinstaaten der südlichen Levante ein. Die folgenden Jahrzehnte sind durch weitere Unruhen gekennzeichnet. 701 v. Chr. scheint sich Ägypten an einer Schlacht gegen die Assyrer in Elteke zu beteiligen, jedoch behält Assur die Oberhand und drängt die Macht am Nil zurück. Pharao Tirhaka (690-664 v. Chr.) versucht erneut die Assyrer zurückzudrängen, wird aber durch Assurbanipal (669-631 v. Chr.) geschlagen. Theben wird 664 v. Chr. eingenommen und Ägypten »erobert«. Damit aber war das Kapitel keinesfalls abgeschlossen, denn als die Neuassyrer durch Babylon unter Druck geraten (s. o.), kommt es erneut zu einem Wechsel der dominierenden Kräfte in der südlichen Levante. Psammetich I. (664-610 v. Chr.) expandiert ein weiteres Mal nach Palästina und führt Juda unter König Joschija in eine ägyptische Vasallität. Dieses ägyptische Zwischenspiel vor der neubabylonischen Eroberung des ägyptischen Heeres bei Karkemisch (am Eufrat an der heutigen türkisch-syrischen Grenze) 605 v. Chr. ist für die judäische Geschichte an Bedeutung kaum zu unterschätzen. Es begründet die Hoffnung der letzten Könige von Juda, Ägypten würde helfend eingreifen und das Schlimmste verhindern. Darin hat Juda sich und seine außenpolitische Bedeutung allerdings überschätzt, denn die Ägypter nutzen die Belagerung Jerusalems, um die phönizischen Handelsstädte wieder unter ihre Kontrolle zu bekommen.
 
Im hiesigen ForenAbschnitt 'Christentum' wird sich die Beschäftigung mit oder Untersuchung auf tradierte(n) Motive(n) im Neuen Testament gut einfügen.

Die Beiträge zur jüdisch-hebräischen Frühgeschichte/Religionsgeschichte, zum AT und seiner Genese, wie oben, @CarnifexUltra , werden sich wohl besser im Forenabschnitt 'Judentum / Israel / Naher Osten' einfügen.
 
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