Es gab nie ein Mythos der Unbesiegbarkeit.
Vielleicht kein Mythos der Unbesiegbarkeit, aber doch zumindest einen Ruf, der in diese Richtung ging, oder? Ich gebe zu, dass ich in der Antike nicht ganz firm bin, habe aber bei Yuval Noah Harari gelesen, mindestens bis zur Schlacht von Tegyra sei die Meinung griechischer Autoren zur Kriegskunst Spartas dahin gegangen, es wäre der Gipfel der Torheit, den Spartiaten in offener Schlacht gegenüberzutreten.
Ich sehe keinen zwingenden Widerspruch zwischen einem Ruf der Unbesiegbarkeit und tatsächlichen Misserfolgen. Die Militärgeschichte ist bis ins Informationszeitalter voll von Beispielen für Nationen, Waffengattungen, Verbände und sogar Waffensysteme, die als praktisch unbesiegbar galten bzw. gelten.
Es gilt heute z.B. als ausgemacht, dass die USA in einem konventionellen Krieg nicht besiegt werden können. Dass sie freilich jüngst mehrere (mehr oder weniger asymmetrische) Kriege verloren haben, scheint dieser Reputation ebenso wenig zu schaden wie die Tatsache, dass diese Überlegenheit streng genommen nie bewiesen wurde, denn nie haben die USA alleine gegen einen Peer Adversary gekämpft.
Nimben der Unbesiegbarkeit sind immer auch für den jeweiligen Gegner psychologisch interessant gewesen, deswegen sind sie so langlebig. Gegen einen unbesiegbaren Gegner kann man ohne Schande aufgeben oder gar nicht erst antreten; besiegt man ihn, ist der Ruhm umso größer. Siegt aber der unbesiegbare Gegner, der also kein Risiko eingeht, geschieht nur das Unvermeidliche, das keinen Ruhm verdient.
Und selbst im wenig abergläubischen Informationszeitalter finden sich Soldaten verleitet, ihre Ängste entsprechend zu kanalisieren. So fürchteten im Zweiten Weltkrieg amerikanische G.I.s den Panzerkampfwagen VI ("Tiger") wohl mehr, als seine deutschen Bediener ihn schätzten – sogar dann noch, nachdem sie in Italien gesehen hatten, wie viele von den Kisten einfach nutzlos den Geist aufgaben.