Woher stammt der Name "Thule"?

Polaris ist heute unser Polarstern. Um 300 v.Chr. lag der am Himmel abgebildete Ort unserer Erdachse in der Nähe des Kochab. Dieser Punkt unterscheidet sich in Länge und Breite von dem heutigen Ort. Wenn die Griechen aber gleich Polaris genommen habe, da sie den eigentlichen Punkt am Himmel ohne optische Hilfsmittel nicht sehen konnten, als Bezugspunkt genommen haben, dann verändern sich je nach Zeitpunkt der Messung (300 v.Chr.; 600 v.Chr.) die Koordinaten des betreffenden Ortes. Es kann dazu kommen, dass es zwei Thules gibt. Nachzulesen auf der Webseite von Kurt Scheuerer, Ingolstadt, unter Navigation in der Antike.
Die Römer dagegen haben ihre Orte nach dem Sonnenstand berechnet. Ihr Problem war aber Ihr Kalender, den Cäsar zwei Jahre vor seinem Tod erneuert hat.
 
Dass in der Antike verschiedene Landflächen als "Thule" bezeichnet wurden, ist anzunehmen. Das von Tacitus im "Agricola" erwähnte Thule war vermutlich nicht das Thule des Pytheas.

In dieser Diskussion geht es aber primär darum, wo das von Pytheas entdeckte (und von späteren Autoren unter Berufung auf ihn erwähnte) originale Thule lag. Und hier verstehe ich immer noch nicht, was der Polarstern mit seiner Lage zu tun haben soll. Soweit ich das überblicke, wird es in keiner Quelle unter Bezug auf seine Position zum Polarstern lokalisiert.
 
Der Begriff "Thule" wurde von verschiedenen römischen und griechischen Dichtern benutzt, um so das nördliche Ende der Welt darzustellen. Folglich hat Pytheas den nördlichsten Punkt seiner Expedition "Thule" genannt. Sein Reisebericht ist nicht erhalten.
Bei Ptolemaeus gibt es zu Thule aber Koordinaten. Er gibt die Breite mit 63.00 Grad an. Nach Kurt Scheuerer (Ingolstadt) haben die Griechen aber den falschen Polarstern zur Messung verwendet, so dass man diesen Wert berichtigen muss. Es fehlt noch die Länge. Hier gibt Ptolemaeus 30 Grad und 20 Minuten an.
Es wäre interessant zu wissen, ob Pytheas die Mechanik von Antikythera zur Längenbestimmung nutzte.
 
Es wäre interessant zu wissen, ob Pytheas die Mechanik von Antikythera zur Längenbestimmung nutzte.
Ja, aber das werden wir nie erfahren – es sei denn, es findet sich sein Originalbericht, in dem er dies möglicherweise erwähnte.

Ein Aspekt, den ich bisher nicht gebührend berücksichtigte, war die Tatsache, dass Pytheas in erster Linie ein Händler aus einer Händlerfamilie war. Seine Motivation, nach Norden zu segeln, könnte sein, neue Ein- bzw. Verkaufsgebiete zu entdecken und ggf. für sich bzw. sein Unternehmen zu erschließen.

Als Händler in damaligem Marseille verfügte er wahrscheinlich auch über Frachtschiffe, die hochseetauglich und so groß wie die mittelalterlichen waren – Details dazu siehe bei der TU Berlin auf der Seite 12. Mit einem so großen Schiff war es möglich, tonnenweise Trinkwasser und Nahrungsmittel mitzunehmen, um wochenlang auf dem Meer zu bleiben.

Was hat auf seiner Reise nach Norden u.a. gesehen bzw. entdeckt?

1. Thule sei der am weitesten nördlich gelegener Ort
2. Dieser Ort liege sechs Tagesreisen nördlich von Britannien in der Nähe des gefrorenen Meeres, das eine Tagesreise von Thule entfernt beginnt
3. jenseits von Thule sei das Meer träge und gefroren
4. Thule lieg dort, wo es keine Tage im Winter und keine Nächte im Sommer gibt

Das alles schreibt Strabon in seiner Geographia (1.4.2 und 2.5.8), ortet aber Thule viel weiter südlicher, was aber nicht sein kann, denn südlicher gibt es kein gefrorenes Meer. Strabon hat im Übrigen dafür keine Beweise, außer dass er von anderen Schreibern noch nie was von Thule gelesen hätte; natürlich nicht, denn so wie es aussieht, war Pytheas eben der erste Grieche, der so weit nach Norden gekommen ist.

Auf jeden Fall gehen die Ansichten, welcher Ort heute Thule von damals sein könnte, weit auseinander.
 
Als Händler in damaligem Marseille verfügte er wahrscheinlich auch über Frachtschiffe, die hochseetauglich und so groß wie die mittelalterlichen waren – Details dazu siehe bei der TU Berlin auf der Seite 12. Mit einem so großen Schiff war es möglich, tonnenweise Trinkwasser und Nahrungsmittel mitzunehmen, um wochenlang auf dem Meer zu bleiben.

Was hat auf seiner Reise nach Norden u.a. gesehen bzw. entdeckt?

1. Thule sei der am weitesten nördlich gelegener Ort
2. Dieser Ort liege sechs Tagesreisen nördlich von Britannien in der Nähe des gefrorenen Meeres, das eine Tagesreise von Thule entfernt beginnt
3. jenseits von Thule sei das Meer träge und gefroren
4. Thule lieg dort, wo es keine Tage im Winter und keine Nächte im Sommer gibt

Das alles schreibt Strabon in seiner Geographia (1.4.2 und 2.5.8), ortet aber Thule viel weiter südlicher, was aber nicht sein kann, denn südlicher gibt es kein gefrorenes Meer. Strabon hat im Übrigen dafür keine Beweise, außer dass er von anderen Schreibern noch nie was von Thule gelesen hätte; natürlich nicht, denn so wie es aussieht, war Pytheas eben der erste Grieche, der so weit nach Norden gekommen ist.

Auf jeden Fall gehen die Ansichten, welcher Ort heute Thule von damals sein könnte, weit auseinander.
Nun, ich halte zwar die karthagische Blockade der Straße von Gibraltar für einen Mythos, aber nichtsdestotrotz gehen manche Historiker davon aus, dass Pytheas aufgrund dieser Blockade vermutlich von der französischen Atlantikküste, die er über den Rhône-Loire- oder den Rhône-Seine-Weg erreicht haben könnte, nach Britannien rüberfuhr.
Zudem halte ich es für ungut, mit einem römischen Typen aus dem 1. Jhdt. v. Chr. zu argumentieren, wenn die zur Verfügung stehenden Schiffe im Mittelmeer für Pytheas griechische Typen aus dem 4. Jhdt. v. Chr. waren.
In der Wiedergabe des Strabon ist wörtlich von πεπηγυίας θαλάττης die Rede, was eigentlich nicht gefroren, sondern geronnen heißt. Also flockig, dickflüssig.
Nun ist es absolut naheligend zu sagen: Pytheas ist nach Norden gesegelt, also muss es sich um Treibeis gehandelt haben, wovon hier die Rede ist.
Wir haben aber dummerweise auch Stellen, wo davon gesprochen wird, dass der Atlantik an sich ein sehr schlammiges und daher schlecht zu durchquerendes Meer sei. In diesem Licht betrachtet ist die Frage, ob hier nicht antike Darstellung, die wir ansonsten leicht widerlegten und modernes Wissen um Treibeis ungünstig aufeinander prallen und so zu einer Interpretation führen, die für uns zwar plausibel ist, aber dennoch falsch. Dies nur als Möglichkeit in den Raum gestellt. Pytheas, seine Zeitgenossen und Strabon kannten ja Eis und Schnee, Strabon breitet sich über Eis als Quelle von reinem Wasser und Schnee als Lebensraum für manche Tiere aus, so ist also zu fragen, warum hier nicht von Eis die Rede ist.

Dass in Thule im Sommer die Sonne nicht unter- und im Winter nicht aufgehe, steht bei Strabo meines Wissens nichts, sollte ich etwas übersehen haben, bitte Stelle. Was sich bei Strabo findet, ist die Beobachtung, dass die Sonne je nach Position im Norden oder Süden länger oder kürzer zu sehen ist, und mit dem Sonnenstand eben auch die Position zu bestimmen ist.

Diese Beobachtung werden die Menschen bereits sehr früh gemacht haben, sprich: Wenn jemand erzählte, er sei in den hohen Norden gereist, dann konnte er sich ausrechnen, dass mit den länger werdenden Tagen im Sommer und den kürzeren Tagen im Winter ganz im Norden vielleicht die Sonne nie unter- bzw. aufginge, je nach Jahreszeit. Also auch hier: Vielleicht ein Indiz für die Richtigkeit von Pytheas' Angaben, vielleicht aber auch nur ein gelehrtes Manöver, um einer erfundenen Story mehr Glaubwürdigeit zu verleihen (sofern sie denn in den Quellen zu Pytheas irgendwo steht, sei es bei Strabon, wo ich sie übersehen hätte, sei es woanders).
 
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4. Thule lieg dort, wo es keine Tage im Winter und keine Nächte im Sommer gibt

Das alles schreibt Strabon in seiner Geographia (1.4.2 und 2.5.8)

Dass in Thule im Sommer die Sonne nicht unter- und im Winter nicht aufgehe, steht bei Strabo meines Wissens nichts, sollte ich etwas übersehen haben, bitte Stelle.

Natürlich steht es nicht bei Strabo. Das steht bei Plinius nat. hist. II 186.
 
Thule, der äußerste Nordrand der Welt...

Habe überlegt woher mir dieser Name geläufig ist.
Und potz Blitz fiel mir wieder ein, Thule war die Dachbox die ich bei meinem Norwegenreisen immer benutzte.
Die Dachbox war schwedisches Fabrikat der Thule Group. Die Thule Group ist ein 1942 in Schweden gegründeter Hersteller von Transportsystemen.

Und dann fiel mir auch die Margarete mit ihren 6 Versen wieder ein:

1. Vers:

„Es war ein König in Thule,
gar treu bis an das Grab,
dem sterbend seine Buhle
einen goldenen Becher gab.“
 
Dann zitier doch bitte aus den Links die Stelle, an der sinngemäß geschrieben steht: "Thule lieg dort, wo es keine Tage im Winter und keine Nächte im Sommer gibt".
Das steht bei 2.5.8 – Zitat: Now Pytheas of Massilia tells us that Thule, the most northerly of the Britannic Islands, is farthest north, and that there the circle of the summer tropic is the same as the arctic circle.

Dazu gibt es die Fußnote 163 – Zitat: That is, at Thule the variable arctic circle has the fixed value of the summer tropic. Hence, according to Pytheas, the latitude of Thule would be the complement of that of the terrestrial tropic. Assuming that Pytheas placed the latter at 24° (as did Eratosthenes and Strabo), he placed Thule at 66°.

Und 66° ist sehr nah am tatsächlichen Polarkreis, der bei 66° 33′ 55″ liegt, und wo die Sonne am Tag der Sommersonnenwende nicht untergeht, und bei der Wintersonnenwende nicht erscheint.
 
Die Menschheit hat sich ja einen ganzen Haufen „Mythologischer“ Orte geschaffen. Thule ist da ja nur ein Ort von vielen.
Hier mal so einige:
  • Abyssos,
  • Acheron,
  • Agartha,
  • Asgard,
  • Bifröst,
  • Dschahannam,
  • Dschanna,
  • Eridanus,
  • Ginnungagap,
  • Hades,
  • Hel,
  • Himmel – religiös,
  • Jenseits,
  • Jötunheim,
  • Kokytos,
  • Lethe,
  • Midgard,
  • Muspelheim,
  • Niflheim,
  • Orkus,
  • Phlegethon,
  • Phojola,
  • Scheol,
  • Styx,
  • Sukhavati,
  • Tartaros,
  • Thule,
  • Tunoela,
  • Unterwelt,
  • Urgard,
  • Walaskialf und
  • Walhall.
So mancher dieser Orte kommt in Opern, Operetten, symphonischen Tondichtungen, Filmen, Dichtungen, Märchen u.a. vor.

Ich persönlich hätte da Probleme wenn ich einen Favoriten nennen sollte. Jeder dieser Orte hat etwas schaurig-schönes bzw. unheimliches in/an sich.
Und da gibt es auch manches Mal einen Streit unter den Autoren die darüber schreiben.
Nehmen wir nur mal das in diesem Thread angesprochen Thule.

Da haben solche Autoren wie z.B.:
  • Strabon“ (* 63 v.Chr./in Amaseia- † 23 n.Chr.), oder
  • „Eratosthenes von Kyrene“ (* 276 oder 273 v.Chr. in Kyrene - † um 194 in Alexandria), oder
  • „Plinius den Älteren“ (* Ende Jahr 23 oder Anfang Jahr 24 in Novum Comum - † Jahr 79 Stabiae)
unterschiedliche Auffassungen zu den Entfernungen wo denn Thule liegt.

Und so könnte man zu den hier genannten Orten so einiges schreiben.

Also ich als z.Zt. 83ig jähriger Rentner höre mir jetzt über meine Kopfhöher beim finnischen Angelspiel „Pro Pilkki“ von Jean Sibelius/Finnland die sinfonische Tondichtung „Der Schwan von Tuonela“ an. Gespielt von den „Berliner Philharmonikern, es dirigiert Herbert von Karajan.

Der Schwan von Tuonela – Teil II der Lemminkäinen-Suite op. 22.
Diese Suite besteht aus 4 Teilen.
Lemminkäinen ist einer der Helden des finnischen Nationalepos „Kalevala“. Lemminkäinen bat Louhi, die Herrin des Nordlandes, um ihre Tochter.
 
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